Eine kurze Übersicht zur Gattung Septobasidium in der Schweiz

Autor: Stefan Blaser

Während Feldarbeiten im Oktober 2025 konnte Stefan Blaser bei Fully im Wallis Septobasidium cf orbiculare an Hasel sowie Septobasidium quercinum an Eiche finden. Diese aktuellen Funde waren Anlass dafür, diese Gattung etwas genauer zu betrachten.

Die kaum bekannte Gattung Septobasidium enthält Arten, die an lebenden Bäumen die Rinde besiedeln. Die zähen, meist dünnen und unscheinbaren Fruchtkörper ähneln Flechten, die auf der Rinde wachsen. Die Farbe ist aber typischerweise braun und auch feucht nie grünlich, wie dies bei Flechten meist der Fall ist. Die Fruchtkörper sind oft steril (ohne Sporenbildung). Die beste Zeit, um fertile Fruchtkörper und damit Sporen und Basidien zu finden, ist vermutlich der Frühling. Man kann aber die sterilen Fruchtkörper unabhängig von der Jahreszeit auch befeuchten und während einiger Tage in einer Dose aufbewahren. Mit etwas Glück bilden sich Basidien und Sporen aus. Die Basidien sind quer septiert (daher der Gattungsname), die Sporen meist lang zylindrisch, oft gebogen und ebenfalls septiert. Septobasidium gehört systematisch in die Klasse der Pucciniomycetes, also in die Verwandtschaft der Rostpilze, die als Pflanzenparasiten weltweit zahlreich vertreten sind.

Die Pilze haben eine sehr spezielle Ökologie. Als Nahrungsquelle dienen ihnen Schildläuse, die Pflanzensaft saugen. Der Pilz dringt mit «Saughyphen» (Haustorien) in die Insekten ein. Es handelt sich also um eine Art Parasitismus. Allerdings werden nicht alle Insekten einer Kolonie befallen, und die Übrigen sind unter dem Pilzfruchtkörper bestens vor Fressfeinden und der Witterung geschützt. In der Summe dürfte es sich also um eine für beide Organismen vorteilhafte Beziehung – eine Symbiose – handeln. Die Läuse können ohne den Pilz vorkommen, der Pilz ist aber streng an das Vorkommen der Insekten gebunden. Oft können an Standorten mit reichlichem Vorkommen geeigneter Schildläuse gleich mehrere Septobasidium-Arten auf denselben Stämmchen gefunden werden (siehe hier).

In der Literatur findet man erstaunlich wenig Informationen zur Gattung. Insbesondere neuere, wissenschaftliche Bearbeitungen der Gattung scheinen zu fehlen. Zahlreiche neue Arten wurden jedoch insbesondere aus China beschrieben. Die ausführlichsten Informationen zu den Arten findet man wohl nach wie vor im alten Standardwerk von Couch 1938 oder vielleicht auch im etwas neueren Werk von Azéma 1975. Beide Bücher lagen beim Verfassen dieses Artikels nicht vor. Viele Informationen und auch Portraits von einigen Arten findet man auf der Homepage von Elia Martini, einem Aphyllophorales-Spezialisten aus dem Tessin.

In der Folge sollen die fünf (oder sechs?) bisher in der Schweiz nachgewiesenen Arten kurz vorgestellt und ihre bekannte Verbreitung besprochen werden:

Septobasidium mariani wurde bisher nur im Tessin auf lebenden Stämmchen von Hasel (Corylus avellana) gefunden, dort ist die Art vermutlich nicht selten. Nach GBIF kommt die Art im Südosten der USA und in Europa vor, dort hauptsächlich im Mittelmeergebiet. Der Fruchtkörper kann im Querschnitt in drei deutliche Zonen unterteilt werden. Unterhalb der geschlossenen, zähen Oberschicht befindet sich eine aus locker stehenden Säulchen bestehende Zwischenschicht und darunter schliesst wiederum eine dichtere, komplex aufgebaute Schicht an, welche auch die Kammern ausbildet, in denen die Schildläuse sich aufhalten. Auch bei anderen Arten sind die Fruchtkörper ähnlich dreischichtig aufgebaut.

Septobasidium orbiculare wurde bisher im Tessin und (falls die Bestimmung sich als korrekt erweist) in den Follatères im Wallis, jeweils auf Hasel (Corylus avellana) gefunden. Nach GBIF kommt die Art hauptsächlich in Europa im Mittelmeergebiet vor.

Septobasidium fuscoviolaceum 

wurde bisher nur an einem Standort auf Hasel (Corylus avellana) im Tessin gefundenNach GBIF liegen bisher nur zwei georeferenzierte Funde in der Schweiz und in Österreich vor.

Septobasidium carestianum wurde zerstreut in der Nordschweiz auf Rinde junger Eschen (Fraxinus excelsior) gefunden (Tessiner Funde: siehe Bemerkung unter S. alni); Die Fundorte von Beatrice Senn (pers. Mitteilung) waren luftfeucht (Auenwald), aber besonnt (Waldrand); Die neuesten Funde von B. Senn (2011) bei Reutigen (Kander-Auenwald) und Uttigen (Aareauenwald) konnten von ihr seitdem nicht mehr bestätigt werden (pers. Mitteilung). Die Art ist nach GBIF weltweit verbreitet und kommt in Europa zerstreut im Alpenraum, in Norwegen und in Estland vor.

Septobasidium quercinum wächst zusammen mit Moosen und Flechten in Borkenrissen von Eichen, sowohl an jungen wie auch an älteren Bäumen. Bei Fully wurde die Art zusammen mit einem reichlichen Vorkommen der Eichenmehlscheibe (Aleurocystidiellum disciforme) gefunden. Weitere Funde sind aus der Genferseeregion und aus dem Tessin bekannt. Die Art ist in der Schweiz auch an weiteren trockenwarmen Standorten mit Eichen denkbar (z.B. am Jurasüdfuss). Nach GBIF ist die Art an der Atlantikküste von Spanien, im Mittelmeerraum, in Frankreich und der Schweiz nachgewiesen. Ein Portrait der Art findet sich bei Wilhelm 2011.

Septobasidium alni: Beatrice Senn hat mir mitgeteilt, dass Elia ihren Fund von S. carestianum aus dem Tessin für S. alni hält. Damit wäre auch S. alni in der Schweiz vertreten. Die Art ist laut GBIF weltweit verbreitet und kommt in Europa in Italien, Portugal und Deutschland vor.

Septobasidium galzinii: Der Typus dieser Art wurde auf Besenheide (Calluna) gefunden. Der einzige in der Schweiz gemeldete Fund dieser Art wurde auf Eiche angegeben. Dieser Fund wird als zweifelhaft erachtet.

Wer nun voller Tatendrang loszieht und unbedingt auch einmal eine Septobasidium-Art finden will, dem sei noch gesagt, dass sich die Arten von Winter bis Frühling (ohne störendes Laub) besser beobachten lassen. Bei den Funden im Wallis ist aufgefallen, dass Septobasidium cf orbiculare sich feucht (bei Regen) kontrastreicher von der Rindenfarbe unterscheidet als in trockenem Zustand. Mit Ausnahme von S. carestianum sind geeignete Standorte zudem an ehesten an wärmebegünstigten Stellen (vorzugsweise in der Süd- / Südwestschweiz) zu finden.

Literatur:

Azéma R.C. (1975). "Le genre Septobasidium.” Documents Mycologiques, 6(21) : 1-24.

Couch J.N. (1938). “The genus Septobasidium.” Chapel Hill, 480 p.

Piepenbring, M. (2022). “Schildläuse züchtende Rostpilzverwandte (Septobasidiales).” In: Mykologie. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg, 163-165.

Wilhelm M. (2011). “Zwei interessante Arten mit querseptierten Basidien: Phleogena faginea und Septobasidium quercinum.” Schweizerische Zeitschrift für Pilzkunde, 89(3): 108-109.